Hallo Optiker
AR (Anti Reflex) Beschichtungen sollte man, um optimale Ergebnisse zu erzielen, genau auf den Anwendungsfall zu schneiden. Aber von vorne:
Für eine Wellenlänge und senkrechtem Lichteinfall lässt sich theoretisch sogar mit einer einzelnen Schicht der Reflektionsverlust auf 0 bringen. Praktisch fehlt dafür meist das passende Beschichtungsmaterial und unvermeidbare Fertigungsfehler tun ihr übriges. Um diesem Problem entgegen zu treten, werden meist mehrere Schichten aus verschiedenen Materialien aufgedampft. AR-Coatings kommen dabei tendenziell mit weniger Schichten aus als Spiegel, unterliegen aber den selben Gesetzen bezüglich der Empfindlichkeit auf Wellenlängenabweichungen, Winkeländerungen und Polarisation. Die Graphiken mit Restreflektionswerten in den Katalogen beziehen sich meist auf die Reflektion pro Fläche. Eine vollständige Spezifikation von AR-Beschichtungen besteht mindestens aus folgenden Angaben:
1) Restreflektionswert (Bei Breitband-Schichten mit Maximal- und Mittelwert!) (z.B. R(max)<=0,5% / R(mittel)<=0,3%)
2) Wellenlängenbereich der Spezifikation (z.B. 430-645nm und 1064+/-2nm)
3) Einfallswinkel (AOI --> Angle Of Incidence) (z.B. 0°) Vorsicht, Reflektionen können nicht (oder nur mit erhöhten Messunsicherheiten) unter 0° gemessen werden. Praktisch wird oft bei 6° oder 8° gemessen! Ferner ist vor Allem bei Linsen die Krümmung und der sich daraus ergebende variable Einfallswinkel zu berücksichtigen und ggF. entsprechend zu spezifizieren.
4) Polarisation (z.B. S und P)
5) Eventuell weitere Angaben wie umgebendes Medium (Edelgasfüllung von Gehäusen), Laserzerstörschwelle, zulässige Defekte, Klimabeständigkeit, Leitfähigkeit, Abriebfestigkeit ect.
Der Hersteller der Beschichtung muss natürlich noch die Glassorte kennen (Optimal ist es, wenn der Schmelzschein mit exakten Brechzahlangaben vorliegt).
Nur wenn all diese Angaben vorhanden sind, kann man beim Schichtdesign und beim Beschichten die Kundenwünsche erfüllen. Praktisch sind folgende AR-Beschichtungen weit verbreitet (Beispiele):
Einfachschicht MgF2 auf BK7: R<1,5% @ 532nm AOI=0° Pol: Rand.
Einfachschicht MgF2 auf LaFn21: R<0,2%@532nm AOI=0° Pol: Rand.
Mehrfachschicht (mind. 2 Schichten) für diskrete Wellenlänge auf hochbrechendem Substrat, sog. V-Coating: R<0,1% AOI=0° Pol: Rand.
Mehrfachschicht (Typisch 3 Schichten) Breitband-Entspiegelung, sog. W-Coating: R(max)<=0,5%, R(mittel)<=0,3% @ 440-640nm AOI=0° Pol:Rand.
Noch mehr Schichten Breitband-Entspiegelung: R(max)<=0,5%, R(mittel)<=0,3% @ 400-670nm AOI=0° Pol:Rand.
Weicht der Einfallswinkel von AOI=0° ab, ist aber an sich konstant und im voraus bekannt (wie es z.B. bei anamrphen Prismenpaaren der Fall ist), so lassen sich für diskrete Wellenlängen, je nach Polarisation, durchaus Werte von R<0,5% pro Fläche erzielen (Werte von R<0,1% sind unter den üblichen Einfallswinkeln für solche Prismen nur unter bestimmten Voraussetzungen (Polarisation) zu realisieren und werden deshalb hier nicht als Standard angenommen). Dieser Wert wird dann aber nur bei den spezifizierten Bedingungen erreicht! Ändert man Winkel oder Wellenlänge, so können sich die Ergebnisse schnell dramatisch ändern. Um ein optimales System von zwei Prismen her zu stellen, sind wegen der unterschiedlichen Winkel mindestens 2, meist 4, leicht unterschiedliche Beschichtungen pro System nötig. Das muss natürlich auch bei der Montage berücksichtigt werden). Da Beschichtungen immer teuer sind, kann an dieser Stelle gut gespart werden, wodurch dann aus Prismenpaaren mit möglichen 3-4% Verlust schnell Prismen mit 10% Verlust werden.
Verluste im Glas kann man imho im Showbereich meist vernachlässigen.
Bei optischem Glas wird der sog. Reintransmissionsgrad spezifiziert und vom Hersteller garantiert. Billige Gläser können da aber schon mal negativ auffallen. Bei N-BK7 von Schott liegt der Ti(445nm, 10mm Glasweg) bei 99,7%. Der Reintransmissionsgrad gibt an, wie viel Licht mindestens durch einen entsprechend dicken Glasblock transmittiert werden muss, ohne Verluste an den Ein- und Austrittsflächen zu berücksichtigen. Bei im Showbereich üblichen Gläsern, Wellenlängen und Werkstückdicken, sollten maximal Verluste von 0,5% pro Bauteil auf Kosten des Materials gehen.
Für kleine Baugruppen wie ein anamorphes Prismenpaar (Extreme Aufbauten mit sehr flachen Einfallswinkeln ausgenommen) würde ich also folgende Werte ansetzen (Sofern Polarisation, Wellenlänge und Winkel vor der Fertigung bekannt sind --> Sonderanfertigung):
0,5% Verlust pro Fläche * 4 Flächen = 2%
0,5% Verlust durch Absorption/Streuung ect. im Glas * 2 Prismen = 1%
Das Gesamtsystem sollte nicht wesentlich über 3% Verlust haben, um noch eine gute Energiebilanz attestiert zu bekommen.
Kennt man Einfallswinkel und Wellenlänge vorher nicht, so wird man als Hersteller vermutlich auf eine einfache Breitband-Entspiegelung (W-Coating) zurückgreifen. Verwendet man dann evtl. noch China-Glas, ist mit etwa folgenden Werten zu rechnen:
1,2% Verlust pro Fläche *4 Flächen = 4,8%
1,0% Verlust pro Bauteil * 2 Prismen = 2%
Bei Katalog-Prismen oder Chinaware sollte man also mit etwa 7% Verlust rechnen.
Bei Linsensystemen sieht es etwa genauso aus, wobei die gekrümmten Flächen eine gute Entspiegelung etwas erschweren. Betreibt man ausreichend hohen Aufwand, wird man, vor allem mit nur leicht gekrümmten Linsenflächen, ähnlich gute Werte wie bei den Prismensystemen erzielen. Bei stark gekrümmten Linsen ist mit etwas erhöhten Verlusten zu rechnen.
Bezüglich der Energiebilanz wird aber eher die Fertigungsqualität entscheiden, welches System vorne liegt. Bezüglich der Strahlformungseigenschaften sind die beiden Systeme aber ohnehin zwei paar Schuhe.
Verlustfreie Grüße,
Raphael