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Laserklassenbestimmung Linienlaser

Posted: Thu 18 Mar, 2010 4:10 pm
by klaus_b
Hallo zusammen,

ich oute mich auch mal gleich zu Beginn als Anfänger in Sachen Lasersicherheit. Und zwar habe ich im Moment die Ehre mich mit der EN60825-1:2007 zu beschäftigen. Da auch bei uns im Semester die Meinungen etwas auseinander gehen wollte ich euch mal fragen. Die Aufgabe besteht darin einen Linienlaser mit diesen techn. Daten zu klassifizieren bzw. den GZS-Wert zu bestimmen:
Laserdiode mit P=45mW
Wellenlänge >700nm
Öffnungswinkel der Linienoptik 30° (als Vereinfachung soll die Linie nicht gaußförmig sein sondern eher ein TopHat)

Am einfachsten wäre natürlich die Einstufung in Klasse 3B. Wenn ich jetzt aber prüfen möchte, ob auch eine kleinere Laserklasse in Frage kommt, habe ich ein Problem mit dem c6-Faktor. Und zwar bin ich nich sicher wie ich theoretisch die Größe bzw. die Winkelausdehnung der scheinbaren Quelle bestimmen kann. Bei einem Punktlaser kann ich die Größe der Strahltaille nehmen von dort aus in 100mm Entfernung den Winkel bestimmen. Wie läuft das jetzt bei einem Linienlaser? Die Linie ist ja auf einen Arbeitsabstand fokussiert; muß ich dann diesen Fokuspunkt der Linie als kleinste Ausdehnung annehmen (also die Liniendicke) und quasi 100mm hinter der Linie messen? Die Norm gibt für einen Linienlaser als Bezugspunkt ja den "Brennpunkt der Linie" an. Oder messe ich 100mm hinter dem Gehäuse und nehm den Brennfleck auf der Linienoptik als kleinste Ausdehnung? Oder messe ich 100mm hinter der aktiven Fläche der Laserdiode?

Ich hoffe das war jetzt halbwegs verständlich. Grüße

Re: Laserklassenbestimmung Linienlaser

Posted: Sun 21 Mar, 2010 12:47 am
by ekkard
Hallo Klaus,
klaus_b wrote:Die Aufgabe besteht darin einen Linienlaser mit diesen techn. Daten zu klassifizieren bzw. den GZS-Wert zu bestimmen:
Laserdiode mit P=45mW
Wellenlänge >700nm
Öffnungswinkel der Linienoptik 30° (als Vereinfachung soll die Linie nicht gaußförmig sein sondern eher ein TopHat)
Was soll ein "TopHat" für ein Strahldichteverlauf sein?

Zunächst zum C6-Faktor: Dieser beschreibt, wie "punktförmig" die Quelle ist. Das hat nichts mit der Aufweitung hier also mit der Linie im Außenraum zu tun. Am einfachsten kann man sich das so vorstellen, dass man eine Sammeloptik mit großer Brennweite so vor den Laser stellt, dass sich ein minimaler Brennfleck ergibt. Dessen Durchmesser bestimmt man (Bildgröße) und kann aus den Abbildungsgesetzen auf die Gegenstandsgröße zurück rechnen. Die "Gegenstandsgröße" ist der Durchmesser der Quelle.
Dieser Quelldurchmesser wird auf die jeweilige, genormte Messentfernung bezogen und als Winkel in Milliradiant (mrad) ausgedrückt. (Wenn eine Optik im Spiel ist, kann die Herstellung der Messentfernung eine sophistische Angelegenheit werden) Im Zweifel ist bei normalen Lasern C6=1, weil im Allgemeinen die Laserquelle kleiner ist als 1,5 mrad (nach alter Norm, bitte in der neuen Norm nach Alpha_min suchen - bin jetzt zu müde, um nachzusehen).

Der nächste Schritt ist die Frage nach der Zeitbasis:
0,25 s für die Laser der Klassen 2 und 2M
100 s für Anwendungung mit zufälligen Treffern
30000 s für Anwendungen mit Beobachtung der Strahlung.

Man "misst" nun mit einer Normblende von 7 mm Durchmesser, aufgestellt in verschiedenen Messentfernungen das Maximum der Strahlungsleistung, wo immer dies zu finden ist. (Das kann man auch rechnerisch tun, wenn man die Strahldichteverteilung, deren relatives Integral und die gesamte, abgestrahlte optische Leistung kennt.)

Die Ergebnisse werden nach den Klassifizierungstabellen der Norm in Abhängigkeit von Zeitbasis, Bestrahlungsdauer und Wellenlänge beurteilt. Dabei beginnt man mit Klasse 1 und geht bei Überschreitung der GZS-Werte zur nächsten Klasse weiter. Die niedrigste Klasse, bei der die GZS-Werte noch eingehalten werden, ist die resultierende Laserklasse. Es gelingt nur bei großer Messerfahrung, die Zahl der Messbedingungen und mutmaßlich vergeblicher Klassifizierungsversuche in Grenzen zu halten.
Als Anfänger wird man die einzelnen Messbedingungen nacheinander nachstellen und ausmessen müssen.
klaus_b wrote:Bei einem Punktlaser kann ich die Größe der Strahltaille nehmen von dort aus in 100mm Entfernung den Winkel bestimmen.
Nein, das genau soll man nicht tun (sagt die Norm). Es ist nämlich -auch nach meiner Messerfahrung - möglich, dass nur ein Teilvolumen strahlt. Dann ist die Quelle deutlich kleiner, als man erwartet. Und dann: bitte nochmals die neue Norm durchlesen. Früher war die Bezugsentfernung für Alpha immer 100 mm. Nun gilt die jeweilige Messentfernung, meine ich gelesen zu haben. Und 100 mm gilt nur bei Scannern, soviel ich weiß. Bitte genau nachsehen! Ich habe nur mit der alten Norm intensiv gearbeitet!
An deiner Stelle würde ich immer C6=1 setzen. Erst bei LED kann das C6 den Wert 2 oder mehr erreichen.

Re: Laserklassenbestimmung Linienlaser

Posted: Wed 07 Apr, 2010 1:06 pm
by klaus_b
Hallo Ekkard,

danke für deine Erläuterungen, du hast mir sehr weitergeholfen! Auch habe ich inzwischen deine website entdeckt, dazu auch nochmal ein Lob; ich hoffe dass ich mich in Zukunft auch hier im Froum einbringen kann, um nich nur Fragen zu stellen sondern auch zu beantworten. :)

Grüße

P.S. Tophat meinte eine gleichförmige Leistungsverteilung entlang der kompletten Linie (im Gegensatz zum Gaußprofil)

Re: Laserklassenbestimmung Linienlaser

Posted: Mon 31 May, 2010 10:52 pm
by ekkard
Hier noch einige Erfahrungen mit Linienlasern bzw. Lasereinrichtungen mit Aufweitungsoptiken nach neuer Norm:

Der Fall, dass die Teilstrahlen von einem Bereich ausgehen, scheint relativ häufig vorzukommen. Dies bedeutet, dass der Hauptteil der Strahlungsleistung von einer "scheinbaren Quelle" ausgeht, die eben keine Punktquelle ist. Damit wird das Gefährdungspotenzial zwar geringer aber abhängig von der Messentfernung. Zwischen geringer und großer Messentfernung muss die ungünstigste Position gesucht werden - und das auch noch mit unterschiedlichen Messbedingungen!

Die Entscheidung zwischen Laserklasse (Lk) 1, 2, 1M oder 2M kann damit eine haarige Angelegenheit werden, wenn man C6>1 anwenden möchte oder anwenden muss. Allerdings braucht man zur Bestimmung der M-Klassen über eine (Winkel-) Vergrößerung von 7-fach nicht hinaus zu gehen. Z. B. ist ein Linienlaser, der in kurzer Distanz bereits den Grenzwert zugänglicher Strahlung einhält, auch dann Lk 1 - nicht 1M - , wenn dies bei einer 7-fachen Vergrößerung immer noch der Fall ist, obwohl die Gesamtleistung im Fächer weitaus höher liegt.