Prozessierungsversuche an einem Coherent Innova Röhrenkern

Betrieb, Bau und Modifikation von Gaslasern.

Moderator: mikesupi

Antworten
Benutzeravatar
medusa
Beiträge: 1012
Registriert: Sa 26 Feb, 2011 11:26 pm
Do you already have Laser-Equipment?: Eigenbau N2, Ne, DPSS
ALC60X, LGK7812, ILT5490, ALC909D, ALC909Z, Omnichrome643
Omnichrome 56X
China CO2
LGK 7626
und die übliche Handvoll kleine HeNe und Dioden...
Wohnort: Köln

Prozessierungsversuche an einem Coherent Innova Röhrenkern

Beitrag von medusa » So 05 Jul, 2015 12:40 pm

Hallo Laserfreaks,

In der Zeit, als noch nicht klar war, wie das mit dem Innova 60 mit gebrochenen Brewstern weitergehen soll, hab ich angefangen, die Röhre zu untersuchen und mir zu überlegen, was ich damit noch anfangen kann. Nach dem Abschrauben der Brewsterstümpfe von ihren Flanschen wurde klar, daß der Röhrenkern eindeutig noch zu gut in Schuß war, um ihn einfach als Anschauungsmaterial aufzusägen (wie ich es früher schon getan habe).
Als einzige Möglichkeit blieb daher, die Röhre für Pump- und Prozessierungsversuche herzurichten. Die dafür notwendige Hochvakuumanlage habe ich noch von meinen Fusorexperimenten.

(Exkurs: Hochvakuum.
Experimente mit Entladungsröhren bedingen ganz allgemein absolute Sauberkeit. Für die einfachsten selbstgebauten Laser genügt es, mit einem Überschuß an Gas alle Verunreinigungen ständig auszuspülen, indem man an einem Ende ständig Gas einfüllt und am anderen Ende die laufende Pumpe angeschlossen hat.
Um eine Röhre richtig abzupumpen, muß man mehr können, als nur den späteren Fülldruck zu erreichen. Die in der Röhre noch in der kleinsten Ritze vorhandene Luft, die auch an den Oberflächen adsorbiert ist, muß ebenso wie jede Spur des unvermeidlichen Wasserdampfes entfernt werden, bevor man mit Argon füllen kann. Dazu braucht es Hochvakuum.
Unerläßlich dafür ist absolute Sauberkeit. Alle HV-Bauteile für das Abpumpen der Röhre sind exklusiv dafür reserviert und dürfen für nicht anderes verwendet werden oder jemals worden sein. Was auch bedeutet, daß für den HV-Teil der Anlage gebrauchte Bauteile (aus der Bucht oder so) ein absolutes No-Go sind. Man sieht später im Spektrum der Entladung alles was mal drin war. Und man kann davon ausgehen, daß alles, was im Spektrum zu sehen ist, die Lasertätigkeit verhindert, indem es die Inversion zerstört. Selbst aus neuen Glas- oder Metallteilen sind die Spuren von Luft und Wasserstoff aus Wasserdampf sehr schwer zu entfernen und zeigen etwas, was ich vor 30 Jahren das "Dreck-Spektrum" genannt habe. Das sind die Banden von N2 und O2 und H-alpha.
Minimal braucht es eine Drehschieberpumpe als Vorpumpe und eine kleine Diffusionspumpe. Dazu Metallbalgenschläuche aus Edelstahl, mindestens ein Pirani-Vakuummeter und HV-taugliche Absperr-Ventile. Auch benötigt man Fluorkohlenstoffpolymer-Dichtungen. Man kommt dabei ingesamt schnell auf ein Budget von ein paar tausend Euro.
Für professionelle Röhrenprozessierung sind Diffusionspumpen nicht geeignet, weil Ölspuren in der Röhre Gas absorbieren können. Die so gepumpten Röhren können nicht von der Pumpe abgequetscht werden, für ein paar Experimente geht das aber. Profis verwend(et)en Turbomolekularpumpen, die aber im benötigten Neuzustand für Amateure nicht erschwinglich sind.
Exkurs Ende.)

Mit einer Argonröhre anzufangen macht nur deswegen Sinn, weil zumindest die 488nm-Linie noch relativ unempfindlich gegen Verunreinigungen ist. Richtig auspumpen muß man sie trotzdem, weil die Kathode sonst im heißen Zustand mit Spuren von Luft und Wasserdampf langsam verbrennt.
Für die Reparatur der Röhre habe ich zunächst die Glasrohre der Brewster mit Epoxydharz geklebt. Epoxy hat im ausgehärteten Zustand einen sehr niedrigen Dampfdruck und kann deshalb für HV verwendet werden, man sollte aber trotzdem darauf achten, daß keine großen Flächen davon im Inneren der Röhre sind. Ideals ist es, nur die äußere Hälfte eines Spaltes damit zu füllen.
I60_brewster.jpg
Das erste Bild zeigt die geklebten Brewster. Die Röhrchen sind auf der Außenseite matt geschliffen, auf der Bruchlinie ist daher vom Kleber ein klarer Rand zu sehen. Die Brewsterfenster selbst waren, wie bei allen gebrochenen Röhren leider üblich, mit Glassplitterchen und angesaugtem Staub übersät und mußten mit einem sauberen Haarpinsel vorsichtig gereinigt werden. Deshalb habe ich mich entschieden, die Flansche weiter zu verwenden und die Glasrohre nicht fest auf den Röhrenkern zu kleben.
Parallel dazu habe ich den Pumpstutzen mit dem Gastank vom Röhrenkern entfernt und auf den Rest des Pumpstutzens einen DN10-Kleinflansch für meine Vakuumanlage ebenfalls mit Epoxy geklebt. Das ist im Bild unten zu sehen. Der Röhrenkern zeigt hier noch seinen vollen braunen Kalkansatz.
I60_DN10_KF.jpg
Der Flansch mit dem geklebten Brewster ist hier schon wieder angebaut. Ursprünglich war hier eine Indiumdichtung drin, deren Reste natürlich nicht mehr zu gebrauchen sind. Ich habe sie gegen eine FKP-Dichtung mit einem selbstgebauten Außenzentrierring aus Kupfer ersetzt.
Dann war es Zeit für die ersten Pumpversuche. Mechanische Stabilität wird zuerst mit Grobvakuum getestet (und das war dann auch der Punkt, an dem die kupfernen Außenzentrierringe notwendig wurden, denn die Dichtungen der Brewster wurden zuweilen einseitig eingesaugt). Als alles dicht war habe ich mit Diff'pumpenvakuum angefangen und die Ausgasung der Röhre beobachtet.
I60_pumptest.jpg
Das Bild zeigt schon den zweiten Schritt, nachdem ich den Wasserkühlmantel auf der Röhre montiert hatte (und dann zuerst eine Nacht lang Entkalker durchgepumpt). Nachdem die Ausgasung des Röhrenkerns im kalten Zustand nachgelassen hatte, habe ich angefangen, vorsichtig die Kathode anzufahren. Mit den Widerstandsmessungen kommt man bei 5A Heizstrom auf eine Temperatur von 200 Grad. Da fängt es dann wieder heftig an zu gasen.
Der Grund, warum man so langsam anfangen muß, ist die poröse Struktur der Kathode. In den Poren eingeschlossene Luft dehnt sich beim plötzlichen Erhitzen aus und kann Teile des Kathodenmateriales absprengen.
Nach dieser ersten Phase habe ich auf 10A (entspricht etwa 400 Grad) erhöht. Nachdem auch hier die Ausgasung nachließ, kam ich für die Ausgasung und mögliche Lecks auf eine Restrate von ca. 1Pa/h.
Hier war für die ersten Versuche erstmal Schluß, weil der nächste Schritt größer sein muß. Der Bereich um 600 Grad muß vermieden werden, weil das Wolfram der Kathode weich wird und sich ein Hänger entwickeln kann. Außerdem müssen vor dem Schritt zu höheren Temperaturen die Luftreste entfernt sein, weil ab 600 Grad Wolfram in Luft verbrennt.
Und nicht zuletzt war zu dieser Zeit auch der Kulanz-I60 von HB bei mir eingetroffen. ;)

Weitere Berichte über Experimente und Fortschritte werden nach und nach in diesem Thread angehängt,

Gruß, ~Diane.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Wir sind Sternenstaub, buchstäblich... jedes einzelne Atom schwerer als Wasserstoff und Helium in unseren Körpern ist im Fusionsfeuer im Herzen eines Sterns geschmiedet worden.
Vielleicht lieben wir deshalb das Licht so sehr.

Antworten

Zurück zu „Gaslaser“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste